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Das Naadym- Fest in Kysyl

Naadym ist ein großes Fest der Mongolen. Da Tuwa eine Zeit lang zur inneren Mongolei gehörte und ebenfalls ein Nomadenvolk (ist?) war, wird es auch dort Mitte Juli gefeiert. Ursprünglich traten die Nomaden in ihren drei Lieblingssportarten Bogenschießen, Ringen und Pferderennen gegeneinander an, um den stärksten Krieger zu küren. Heutzutage ist ein jahrmarktähnliches Rahmenprogramm dazugekommen. Es gibt Fressbuden, Verkaufsstände an denen allerlei regionale Produkte verkauft werden sowie Jurten und Tiere, so verschieden wie die einzelnen Regionen Tuwas. Und da Kysyl die Hauptstadt der Republik Tuwa ist, strömen bei dem hiesigen Naadym- Fest gefühlt alle Gruppen aus den verschiedenen Regionen Tuwas herbei, um sich und ihre lokalen Bräuche, Traditionen und Spezialitäten zu präsentieren.

(Anmerkung: In der Mongolei heißt es Naadam und nicht Naadym!)Auf dem Naadym-Fest bekamen wir auch ein Yak zu sehen. Schnüre aus Yak-Haaren.

Wir sind bereits am Nachmittag des Vortags zu dem Festplatz in Tos Bulak circa zehn Kilometer von Kysyl entfernt gefahren, da wir möglichst nah am Geschehen einen geeigneten Standplatz für die Nacht finden wollten. Am Festplatz angekommen, sah ich Stanislav Krupar. Einen über zwei Meter großen tschechischen Fotografen, der seit ca. 20 Jahren schamanische Bräuche in Tuwa fotografisch mit atemberaubenden Bildern dokumentiert.

Er lud gerade mit einem der Schamanen ein Auto aus. Als der Schamane begriff, dass Stanislav uns kennt, ließ er mich durch Stanislav bitten unser Auto quasi als Blickfang genau hinter den Platz zu stellen, an dem an diesem Abend ein schamanisches Ritual geplant war.

Mit der Zeit kamen immer mehr Schamanen zu dem Platz, bis sich wohl schlussendlich die crème de la crème aller Schamanen am Unimog versammelt hatte. Sogar der „Chefschamene“ für den gesamten russisch- sprachigen Raum gab sich die Ehre (es ist der grimmig blickende Herr mit dem Blauen Hemd. Und ja, er hat den ganzen Abend so geschaut. Ein Russe kommentierte dies mit Verweis auf Präsident Putin: „Große Anführer müssen grimmig schauen, um ihre Macht zu unterstreichen“).

Alle hatten großes Interesse an uns und natürlich dem Lukimog. Einer wollte mir den Lukimog für die Wahnsinns- Summe von 1 Millionen Rubel abkaufen. Das sind umgerechnet ca. 15.000 Euro. Anstatt ihm zu sagen, das dass ein bisschen wenig sei, habe ich ihm gesagt, dass der Lukimog mein großer Lebenstraum wäre und er unverkäuflich sei. Daraufhin sagte er, ich sollte einfach einen zweiten bauen, den würde er mir dann für 1 Millionen Rubel abkaufen. Nach einer kurzen Überlegungspause meinerseits, wie ich dieses für mich ja doch nicht ganz so vorteilhafte Geschäft ohne ihn zu beleidigen ausschlagen kann, redete ich mich darauf hinaus, dass ich dafür wohl leider keine Zeit hätte und das nur ein Hobby von mir wäre. Der gute Mann hat meine Ausrede akzeptiert.

Nach den vergeblichen Verkaufsverhandlungen bin ich gefragt worden, ob alle Schamanen zusammen ein Gruppenfoto vor dem Unimog machen dürften. Natürlich willigte ich ein, noch nicht wissend, dass wir selbstverständlich mit auf das „Familienfoto“ mussten.

Am Vortag waren wir mit Stanislav und Freunden von ihm bei einer Schamanin zu Hause, da eine Freundin von Stanislav von ihr „behandelt“ wurde. Am Ende unseres Besuchs, Lisanne war inzwischen auf Nathis Arm eingeschlafen, ging die Schamanin zu Nathi und führte ein Ritual an der schlafenden Lisanne durch. Sehr bedacht wedelte sie um Lisanne mit einem Stab herum und gab ihr auf Rücken, Brust und Popo ein paar grobe Stubser. Lisanne ließ sich davon nicht stören und Stanislav übersetze uns, dass Lisanne nun von allem Schlechten befreit ist und auch in der Zukunft vor allem Bösen geschützt ist. Bei dem Familienfoto auf dem Naadamfest erklärte uns eine der Schamaninnen nun, dass es sehr wichtig ist für kleine Kinder neun Pässe und neun Flüsse zu überqueren. Sie war ganz aus dem Häuschen, da Lisanne dies schon als Baby „erreicht“ hat.

Irgendwann entfachten die Schamanen ein großes Feuer, dem sie verschiedene Brandbeschleuniger zugefügt hatten. Es begann ein großer Trommeltanz um das Feuer.

Wir waren mittendrin in einem Ritual der bekanntesten Schamanen.

Eigentlich brauchen wir im Leben nie mehr irgendetwas zu befürchten. Weder Krankheit, Unfall oder sonst irgendwas kann uns etwas anhaben. Wir dürften bis in die nächsten Generationen vor allem Übel dieser Welt geschützt sein.

Was uns da widerfahren ist, können wir als „unwissende“ Beziehungsweise „ungläubige“ Europäer in seiner Einzigartigkeit nicht wirklich begreifen. Vergleichbar ist es wohl damit, dass einen der Papst zu Hause besuchen kommt und zwar auf seinen eigenen Wunsch hin.

Das eigentliche Naadym Fest am nächsten Tag besuchten wir nur ganz kurz. Es wurde schnell sehr voll und die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Aus diesem Grund haben wir uns frühzeitig Richtung Berge verabschiedet.

Lukas

Ein Kommentar

  1. Ulla Brehm Ulla Brehm

    Hallo Lukas, Nathi, Lisanne und wau wau Binti, Lukas, wirklich wieder einmal ein aussagekräftiger Bericht von Dir und ich habe mir Deine Mahnung per WA zu Herzen genommen und will Dank sagen, dass ich wieder einmal sehr viel mehr über Land und Leute erfahren habe. Das Naadymfest in Kysil scheint Euch ja sehr gut gefallen zu haben, besonders da Ihr nun durch die Schamanin von allem Übel (?) befreit und locker in die Zukunft sehen könnt. Wenn Menschen laut dem Schamanismus 9 Pässe und 9 Flüsse überquert haben sollen, dann kommen wir eigentlich mit den 7 Sakramenten der Kirche noch ganz gut weg (und es ist weniger aufwendig) Ich bgehe davon aus, dass der Papst das ebenso weiß, sicherlich wird er oder einer seiner Helfershelfer nun nicht mehr auf einem Besuch bei Euch bestehen…..Allerdings frage ich mich, warum singen „Karat“ und Peter Maffey dann „Über 7 Brücken mußt Du geh’n“?
    Die teils wunderbaren Kleider der Menschen, — sagen sie etwas über den Lebens- oder Wissensstand der einzelnen etwas aus? Und wie alt mögen die von Arbeit und Enthaltsamkeit geprägten Menschen sein?
    Ja, der „Herr Chefschamane“ schaut wirklich grimmig und sicherlich auch in Anlehnung an die russischen Machthaber…Wenn dem wirklich so ist, dann konnte Gorbatschow auch nicht beim eigenen Volk punkten, er war offensichtlich zu freundlich und immer lächelnd.
    Was die Sportarten angeht, schade, die sportliche Triathletin, Nathi, konnte da wirklich nicht mithalten, im illustren Kreis wäre man vielleicht sehr erstaunt gewesen, was sie beim Schwimmen, Radfahren und Laufen so zeigen kann!!!!
    Und dann wieder Eure Bilder von den Trommler- und Feuertänzern, wunderbar in Szene gesetzt, herrlich und Ihr mittendrin und dabei!!!
    Alles Liebe, Danke für den tollen Bericht, weiter so, die Sommerspiele gehen sicherlich irgendwo anders wieder weiter!!!
    Danke noch einmal für’s Skypen Montag, ich sah Euch alle putzmunter, nur der Chefkoch drehte sich vom Herd nicht um, aber ich weiß, augenblicklich sind die Töpfe ein wenig voller und Du willst mit Deiner Kochkunst brillieren!!!!
    Liebe Grüße an Nathi, Lisanne, sowie die beiden Hübschen, die „Baikal Adventures, all inclusiv“ gebucht haben, Dir Lukas lieben Dank, Deine Fragezeichen-Mahnung spornte mich an und wau wau Binti!! Ulla, Oma, Uri (Uhu)

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